Blogger-Ethik verzeichnen

In der Blogbar läuft gerade eine gute Diskussion zur Frage, wie Blogger mit PR umgehen könnten. Ausgelöst durch die je nach Sichtweise – Korrumpierung oder Bemusterung – von Bloggern mit Windows Vista-Rechnern hat DonAlphonso eine Art zentrales Register vorgeschlagen:

„… wie wäre es dann mit einem Verzeichnis, in dem neutral und offen festgehalten wird, wer wofür was getan hat? Name, Blog, Zeitraum, Umfang, Einnahmen, Auftraggeber, Texte, sauber und gewissenhaft notiert und verlinkt.“

Mir gefällt dieser Vorschlag. Er könnte den Transparenz-Vorsprung, den die Blogosphäre gegenüber dem klassischen Journalismus hat, festigen. Allerdings glaube ich nicht, dass es eine wirklich gute Idee ist, dass die PR-Agentur Edelman ein solches Verzeichnis (allein) auf den Weg bringt, wie Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach in der Blogbar kommentiert. Ich würde mir hierfür eine breitere Basis wünschen. Ideal wäre eigentlich, wenn der Verband der PR-Agenturen (GPRA) und die Berufsverbände DPRG und Pressesprecherverband sowie der PR-Rat als gemeinsame Träger fungierten. So könnten deren Mitglieder gleich darauf verpflichtet werden. Aber ich gebe zu: es könnte sein, dass so etwas dauert und dauert und darüber das Ziel zerredet wird. Also wäre wohl der bessere Weg der von unten. Mehrere Blogger wären mir persönlich lieber als eine PR-Agentur.

Das Verzeichnis empfände ich nicht nur für Blogger als heilsam, sondern auch für die PR. Dann könnte man schön sehen, was andere Agenturen oder PR-Abteilungen so machen. Und vielleicht sogar würden manche unsinnige PR-Aktionen gar nicht erst entstehen. Ich denke da zum Beispiel an Freiflüge in die Alpen mit schickem Rahmenprogramm und der Bemusterung mit schnieken Gadgets ohne dass auch nur der Hauch einer Information verbreitet wird (Das Versenden von Notebooks ist da im Vergleich richtig dezent). Ach so, bei solchen Aktionen waren bisher nur Journalisten, aber keine reinen Blogger gesehen…

Sinnvoll wäre sicher auch, wenn sich Blogger gleichzeitig entweder einen individuellen Verhaltenskodex gäben oder sich auf einen einigten. strappatos Vorschlag empfinde ich da gut gelungen, könnte ich glatt unterschrieben (auch wenn ich nur ein PR-Blogger bin und sowas aus Sicht von DonA gar nicht bräuchte).

8 Kommentare

  1. Weil es offenbar etwas missverständlich drüben an der Blogbar war: Nein, wir werden keine Liste oder ein Register oder so was schaffen, sondern einen Vorschlag machen, wie Blogger in ihren Blogs selbst kenntlich machen können, was sie machen, was sie mitmachen würden und so weiter. Eine Art Disclosureformular oder so was.

    Ein zentrales Register fände ich albern. Aber aus einer mehr oder weniger formalisierten Art, die eigenen Positionen und so etwas deutlich zu machen, ließe sich ja auch etwas aggregieren….

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  2. Oh, das habe ich wirklich missverstanden. Die Idee mit dem Formular begeistert mich ehrlich gesagt trotzdem noch nicht ganz. Klingt eher nach einem Taxieren von Bloggern durch eine Agentur zwecks Erstellen eines besseren Verteilers. Hm, auf der anderen Seite gibt’s ja bei den CC unterschiedliche Stufen. Soll’s in diese Richtung gehen?

    Andere Frage: Warum soll denn ein Verzeichnis albern sein? Ich würde da z.B. eintragen, bei welcher Firma ich einen Vortrag gehalten habe, dass wir im Seminar den StoryCrafter ausprobieren und dass ich die Kampagne gegen Astroturfing unterstütze. Dann kann sich jeder ein Bild machen. Bei Politikern oder Lobbyisten wird nicht zu unrecht gefordert, dass sie offenlegen sollen, wessen Interessen sie vertreten bzw. woher sie Geld bekommen. Finde, das würde auch Bloggern nicht schaden.

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  3. Ja, das sehe ich auch so – aber ein zentrales Verzeichnis fände ich sehr einsnullig :-) Lieber etwas, was ich auf meiner Seite integriere und aus dem dann entweder eine Liste aggregiert wird – oder jemand macht sich die Mühe, das zusammenzutragen, was dann aber sein „Privatvergnügen“ wäre. Oder eine akademische Aufgabe für Ihre Studenten, hihi.

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  4. Jetzt sind wir inhaltlich schon ziemlich nah beieinander – wir scheinen uns darin einig zu sein, dass eine wie auch immer geartete zentrale Instanz nicht ganz blöd wäre.

    Studenten daran zu setzen, wäre allerdings eher nullfünfzig. Oder würden Sie einen Absolventen einstellen, der sich damit bewirbt?

    Aber zurück zum Thema: Wie ein solches Verzeichnis erstellt wird, ist mir eigentlich egal. Ich dachte bisher an ein Wiki, z.B. mit vorgegebenen Eingabefeldern, in das sich jeder selbst eintragen kann. Der Aufwand dürfte für die paar Blogger, die in Frage kommen, minimal sein. Wenn es aber was gibt, das unter den verschiedenen Blog-CMS läuft und dann eine Liste aggregiert – umso eleganter. Bin gespannt.

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  5. Der Vorschlag eines Blogger-Verzeichnisses, in dem sämtliche Veröffentlichungen aller Blogs erfasst, kommentiert und bewertet werden, ist m. E. absurd. Das ist weder vom Handling machbar, noch vom Ergebnis weiterführend.

    Um ehrlich zu sein, ich vertraue da mehr auf die Selbstreinigungskräfte des Marktes: Wenn offensichtlich ist, dass sich Blogs in den Dienst von Propaganda stellen, dann spricht sich so etwas nicht nur sehr schnell rum, diese Blogs werden auch genauso schnell gemieden.

    Um so bemerkenswerter, wenn man sich offen dazu stellt, wie hier zu sehen:
    http://brainwash.robertundhorst.de/uncategorized/online-marketing-viral-marketing-blog-marketing-iphonefieber/

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  6. Ein Verzeichnis mit allen Beiträgen könnte ich mir auch nicht vorstellen. Habe jedoch den Vorschlag etwas anders verstanden, und zwar, dass in dem Verzeichnis nur Disclaimer-würdige Beiträge auftauchen. Das sind also z.B. Beiträge zu einer Firma, die ein Blogger mal beraten hat oder über ein Produkt, das er kostenlos zur vielleiVerfügung bekommen hat („Opel-Test“). Unterm Strich wäre das sicher kein Riesen-Verzeichnis: Wer z.B. in meinem Blog recherchiert, findet im Schnitt vielleicht ein, zwei Mal im Monat einen Disclaimer, weil ich mit einer Firma mal näher zu tun hatte (ich teste keine Produkte, aber mache ab und zu Workshops in einem Unternehmen oder berate). Viele andere Blogger dürften so gut wie nie so etwas klar zu stellen haben.

    Und ja, die Diskussion auf Brainwash zeigt, wie schwierig das Thema ist: Wird in tausenden Blogs einfach nachgeplappert, dass ein hipper Hersteller ein hippes Mobiltelefon auf den Markt bringt (das noch keiner in der Hand hatte), sehen die wenigsten das als Problem. Und aus der Ferndiagnose wird oft ein Loblied. Stellt der Hersteller das Teil aber jemandem zur Verfügung, damit er eigene Erfahrungen damit machen kann, kann dies deutliche Akzeptanzprobleme ergeben (für den Blogger wie für die Firma).

    Ich habe kein Patentrezept dafür, schlage aber vor, Bloggern zuzugestehen, dass sie solche Tests auch machen. Voraussetzung: dass sie offen damit umgehen – also dies veröffentlichen. Dazu gehört auch, dass man ein getestetes Gerät wieder zurück schickt etc. Und wenn der Test schlecht (= unglaubwürdig, unangemessen…) ist, wird den nächsten keiner lesen.

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