Twitter: SMS-Journalismus und -PR, Widgets und Traffic-Steigerung?

Ich weiß schon, einige Leute sind – vielleicht verständlicherweise – schon ziemlich genervt oder verständnislos, wenn sie nur das Wörtchen Twitter hören. Wobei ich ja finde, dass man eine neue Sache nicht gleich wegen ihres gegenwärtigen Zustandes abtun sollte, sondern darüber nachdenken kann, wie sie sich entwickeln könnte. Also – da ich vor ein paar Tagen nun einmal damit herumzuspielen begonnen habe, fühle ich mich in der Bringschuld, über ein paar Einschätzungen, vermischt mit meinen Erfahrungen, zu berichten – wie schon viele andere vor mir auch. Ich will dabei auf drei Aspekte eingehen: Twitter in Journalismus, PR und sozialen Netzwerken.

1. Twitter und (Online-)Journalismus: Die BBC führt vor, wohin das führen kann. Sie hat auf Twitter (mindestens) zwei Kanäle eingerichtet, nämlich BBCworld und BBCtech. Wer möchte, kann die News der BBC quasi abonnieren. Dabei handelt es sich genau genommen um Teaser zu den wirklichen News. Wobei mir diese häufig für eine erste Information genügen. Auf 140 Zeichen hat ein bisschen mehr als eine Headline und ein Link zur kompletten Story Platz – eine schöne Übung übrigens, diese Teaser zu schreiben. Im Moment leistet sich die BBC extremes Micropublishing: BBCworld haben knapp 300 Leute, BBCtech etwa 350 abonniert. Aber das Ganze ist ja in einem frühen Laborstadium. Was mir daran gefällt: Diese Twitter-News sind im Web publiziert, per RSS abonnierbar, von Suchmaschinen schnell indiziert und ich kann mir – wenn es mal noch mehr redaktionelle Anbieter gibt – ein schnell verfügbares News-Menu zusammenstellen. Und besonders schön ist natürlich, dass das Ganze auf Wunsch direkt per SMS auf’s Handy geliefert wird. Womit Redaktionen ein kostenloses Tool für zwei Ausspielkanäle – Web und Mobilfunkt – haben. Zero-Budget Crossmedia ;-) Selbstredend kann man Twitter-Posts per Widget wiederum auf der eigenen Website einbinden bzw. Dritten dies erlauben – was dem Betreiber einer Website Aktualität und dem Absender der News zusätzlichen Traffic bescheren kann.

2. Twitter und PR: Hier gilt zunächst Ähnliches wie unter Punkt 1, nur, dass es um einen andern Absender geht. Eine konkrete Anwendung: Apple twittert schon fleißig, verweist z.B. auf neue Patente, Presseinfos oder Software-Releases. Ein Unternehmen kann also via Twitter News oder Aktionen kurz anreißen. Offen ist aus meiner Sicht, ob die geringe Zahl von 9 Abonnenten an mangelnder Wahrnehmung oder nicht vorhandener Akzeptanz solcher Twitterei liegt – ein Urteil kann man sich nach zwei Tagen sicher aber noch nicht erlauben. Mittelfristig könnte ich mir in der PR unterschiedliche Kanäle eines Unternehmens vorstellen – etwa einen für Investor Relations (wunderbar: so bringt man ad hoc-Meldungen unters Volk!), einen für Journalisten und vielleicht einen Unterhaltungskanal mit Hinweisen auf Gewinnspiele, Votings etc. Der Campaigning-Einsatz von John Edwards dagegen überzeugt mich bisher nicht wirklich, v.a., weil ich es nicht rasend spannend finde, zu erfahren, wo er gerade in ein Mikrofon spricht. Wunderbar müsste sich Twitter übrigens für das Campaigning von NGOs eignen, die so rasch Aufmerksamkeit herstellen oder Aktionen koordinieren könnten.

3. Twitter und mein persönliches Netzwerk: Das ist der Punkt, der normalerweise diskutiert wird, wenn es um Twitter geht: Die meisten User berichten, was sie gerade tun. Das kann furchtbar trivial sein, d’accord. Es ist einfach nicht spannend, zu erfahren, dass irgendjemand, der mit mir vertwittert ist, gerade Kaffee kocht. Sehr spannend dagegen ist für mich, womit sich die Leute meines Netzwerkes gerade in ihrer Arbeit beschäftigen. So erfahre ich von neuen Ideen und Projekten oder bekomme Hinweise zu aktuell veröffentlichten Artikeln. Wenn das Netzwerk gut funktioniert, kann das also ein wirklicher Gewinn sein. A propos: Und wenn ich gerade mal mit einer Aufgabe nicht weiterkomme, kann ich kurz nach Ideen in mein Netzwerk rufen – crowdsourcing, wie das so schön heißt. Und wie es sich für eine Web 2.0-Anwendung gehört, ist es unglaublich einfach, über Twitter ein Netzwerk aufzubauen, das eben im Gegensatz zu den Lesern meines Blogs vollkommen transparent ist – mit allen Vor- und Nachteilen natürlich. Wer sich für mein Tun und meine Projekte interessiert, nimmt mich auf seine Liste, und ich tue es mit anderen genauso. Wobei das für mich nur funktioniert, wenn ich englisch twittere und das Netzwerk (und damit die Zahl der Posts) überschaubar bleibt.

Nachtrag: Beim Webworkblogger gibt’s ein prima Twitter-Handbuch für Einsteiger.

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