WhatsApp zur News-Verbreitung und in Marketing und Kommunikation

Alle paar Monate kommen neue Zahlen zur Facebook-Nutzung Jugendlicher. So auch dieser Tage, diesmal die repräsentative JIM-Studie. Siehe da: Die ganz jungen Nutzer bleiben zwar dem Herrn Zuckerberg treu, aber sie mögen halt vor allem WhatsApp (und Instagram) im Vergleich zu Facebook immer lieber. Klar, dass Journalisten, Marketing- und Kommunikationsleute seit einiger Zeit schon überlegen und probieren, was sie mit WhatsApp oder anderen Messengern anstellen könnten. Ich habe mal ein paar Infos dazu zusammengetragen.

Immer dabei: Mobile Messenger wie WhatsApp. (Flickr-Bild: microsiervos, Lizenz: CC BY 2.0)
Immer dabei: Mobile Messenger wie WhatsApp. (Flickr-Bild: microsiervos, Lizenz: CC BY 2.0)

Die Sicht von Marketing und Kommunikation

Vor kurzem hat Johannes Lenz einen sehenswerten Vortrag zu mobilen Messangern in der Kommunikation online gestellt. Dabei zeigt er zunächst, welche Relevanz WhatsApp, WeChat, SnapChat & Co. in Bezug auf die Nutzerzahlen haben. Deutlich wird hier nochmal, dass die Vorliebe zu bestimmten Messengern regional ganz unterschiedlich ist. So spielt WhatsApp zum Beispiel in den USA und in Asien eine recht geringe Rolle.

Besonders interessant für Profikommunikatoren ist die dann folgende Analyse, wie „markenfreundlich“ einzelne dieser Dienste sind. Und natürlich bringt Lenz einige Beispiele für mobile Messaging von Produkt- oder Personenmarken. Die Spannweite reicht dabei von Corporate Accounts über Gruppenchats mit Stars bis hin zu individuellem Service, Newsangeboten oder Gaming-Elementen. Ein genauerer Blick in die Folien lohnt sich:

http://de.slideshare.net/AKOM360GmbH/mobile-messaging-chancen-risiken-fr-marken-auf-whatsapp-co

Die Sicht der Journalisten

Mit der Bedeutung von WhatsApp und Co. für das Verbreiten von News hat sich neulich auch Joshua Benton im Blog des NiemanLab beschäftigt. Diskutiert wird im Artikel vor allem die Frage, ob die üblichen Share-Buttons unter Artikeln erweitert werden sollten, also etwa um einen Button z.B. für WhatsApp.

Screenshot Buzzfeed
Buzzfeed war eine der ersten Redaktionen, die einen WhatsApp Button zum Sharen integriert hat

Buzzfeed hat in iOS einen WhatsApp-Button bereits integriert und damit laut Benton überraschend gute Erfahrungen gemacht. Problem allerdings: Man kann bisher standardmäßig nur feststellen, ob ein Artikel geteilt wurde, tatsächliche Referrer gibt es aber nicht. So bleibt also unklar, zu wie viel Traffic das Teilen von Links tatsächlich führt. Der FC Valencia hat dieses Problem jedoch mit einem URL-Parameter gelöst und war über die Ergebnisse erstaunt: 33 Prozent der Klicks, die über Sharing-Möglichkeiten zu Stande kommen, stammen von WhatsApp, das ist fast so viel Traffic wie Facebook (35%) produziert und deutlich besser als Twitter (19%) und Google+ (13%). Ohne dass dies schon breit untersucht wäre, scheint es, dass User, die per WhatsApp einen Link geschickt bekommen, diesen mit großer Wahrscheinlichkeit öffnen – was nicht verwunderlich sein dürfte, denn ich gehe davon aus, dass man zu WhatsApp-Kontakten eine größere Nähe hat als zu Facebook- oder Twitter-Kontakten und man deshalb vermutlich einen empfangenen Link eher für relevant hält.

Einen anderen Ansatz zum Umgang mit WhatsApp erprobte vor einiger Zeit das Schweizer Fernsehen: Dort konnte man sich auf der Website für einen Newsdienst der Redaktion zu einer Volksabstimmung eintragen. Ähnlich wie bei E-Mail-Newslettern funktioniert dies mit Double Opt-In. Wie (früher) bei RSS-Feeds scheint mir wichtig, dass Redaktionen (oder Unternehmen/NGOs, die diese Idee übernehmen wollen) solche Angebote eng zuschneiden. Das könnte also ereignisbezogen sein wie beim SRF (z.B. Wahlen, eine Sportveranstaltung, eine Kampagne) oder thematisch relativ eng umrissen sein, um die Nutzer nicht überzustrapazieren und ein möglichst individuelles Angebot zu schnüren.

Grundsätzliche Überlegungen

Grundsätzlich sollte man sich jedoch zweierlei bewusst machen:

  • Messenger wie WhatsApp dienen ähnlich wie E-Mail im Normalfall der 1:1-Kommunikation und nicht wie Twitter oder Facebook der Verteilung an viele. Da WhatsApp zudem auf dem Smartphone praktisch immer dabei ist und Nutzer dieser App üblicherweise Push-Nachrichten erlauben, ist aus meiner Sicht Vorsicht geboten, wenn es um Corporate Accounts oder Newsangebote geht. Ich denke, die Gefahr, Nutzer (trotz eines Abos) zu nerven, ist nicht zu unterschätzen.
  • Banal eigentlich: WhatsApp wird nur mit mobilen Geräten genutzt. Wer also über den Einbau entsprechender Buttons auf seinen Websites nachdenkt, sollte erst seine Hausaufgaben gemacht haben und eine mobil gut nutzbare Seite anbieten. Die Integration des WhatsApp-Buttons (z.B. mit „Mobile Sharebar“ bei WordPress) erfolgt dann idealerweise so, dass dieser auch nur sichtbar ist, wenn Nutzer mit einem mobilen Endgerät auf die Seite zugreifen.

Insgesamt steckt die Integration von WhatsApp und Co. in der strategischen Kommunikation von Unternehmen oder Organisationen sicher noch in den Kinderschuhen. Das reine Sharing (Tipps zur Integration eines Buttons) sieht man dagegen inzwischen bei einigen Online-Redaktionen, unter anderem auch bei Spiegel Online oder T-Online. Wenn ich an mein eigenes Mediennutzungsverhalten denke, würde ich mir wünschen, dass die Nutzung von WhatsApp auch am Tablet selbstverständlich wird. Dies hätte sicher auch für Empfehlungsmarketing per Messenger einiges Potenzial, ich denke also beispielsweise an die Integration in Onlineshops. Falls Ihr weitere gute Beispiele für den Umgang mit Messaging in Journalismus oder Marketing kennt, freue ich mich über Hinweise.

Update (5.12.14) Rechtliche Fragen, weitere Diskussionen und Beispiele

Seit der Veröffentlichung dieses Artikel vor knapp einer Woche sind mehrere Artikel zu ähnlichen Fragen veröffentlicht worden. Ein paar Aspekte daraus:

Dark Social: Jan Frischling diskutiert das Sharing mit mobilen Messengern bei Futurebiz grundsätzlich unter dem Begriff Dark Social, der daher stammt, dass das Teilen von Informationen auf diesem Weg für deren Urheber weitgehend anonym ist. In den USA gibt es unter diesem Schlagwort schon länger eine etwas breitere Diskussion. Im MobileMarketer wird ausführlich eine US-Studie von RadiumOne zum Thema vorgestellt, nach der über Dark Social sogar mehr geteilt werde als über Facebook. Dies stimmt so möglicherweise nicht: So wird bei Fusion berichtet, dass das in (US-)Redaktionen verbreitete Tool ChartBeat zum LiveTracking Probleme damit hat, Traffic von mobilen Facebook-Nutzern richtig zuzuordnen, was zu einer Unterschätzung des Facebook-Traffics und einer Überschätzung von Dark Social führe.

Rechtliche Fragen: Rechtsanwalt Thomas Schwenke diskutiert aus juristischer Sicht den Einsatz den Sharing-Buttons für WhatsApp und betont, dass es sich dabei normalerweise nur um einen einfachen Link handelt. Bei dieser Umsetzung sieht er datenschutzrechtlich keine Probleme. Auch sei nicht zu befürchten, dass die Bereitstellung des Buttons rechtlich als Spamming zu beurteilen ist. Erst bei der Erweiterung des reinen Sharings um zusätzliche Tracking-Funktionen sind die üblichen Überlegungen notwendig, so der Jurist. (Update, 12.2.15: In einem zweiten Artikel diskutiert Thomas Schwenke, wie man rechtssicher per WhatsApp Direktmarketing und Newsabos anbieten kann.)

Beispiele aus Journalismus und Marketing:

  • Die Heilbronner Stimme wurde sehr gelobt für ihre Berichterstattung zum Bombardement der Stadt am 4. Dezember 1944. Die Ereignisse dieser sogenannten Operation Sawfish wurden unter anderem in einem interaktiven Video aufbereitet, aber auch über Twitter und WhatsApp erzählt (Zusammenfassung).
  • Die BBC informiert über WhatsApp und andere Messenger besonders Nutzer in afrikanischen Ländern regelmäßig über Ebola.
  • Die Onlineredaktion des Standard bietet ein News-Abo per WhatsApp.
  • Die E-Plus-Tochter yourphone bietet Kundenservice über WhatsApp. Allerdings sind Informationen mit personenbezogenen Daten (z.B. zum Vertrag) ausgenommen und werden auf anderen Kanälen geklärt.
  • In Brasilien hat Unilever zur Vermarktung einer Mayonnaise per WhatsApp Köche und Konsumenten zusammengebracht. Letztere konnten sich auf einer Website registrieren und haben in einem begrenzten Zeitraum über den mobilen Messenger Kochtipps von Profis bekommen, berichtet African Marketing Confederation.
  • Dass WhatsApp auch beim Händler um die Ecke funktioniert, zeigt die Fleischerei Stroh, die via Messenger ihre Wochenendangebote verschickt.
  • Leser werden Tester: Die Süddeutsche ermöglicht 200 Nutzern ihrer Website per Whatsapp zu neuen Funktionen des Portals regelmäßig Feedback zu geben.
  • Weitere WhatsApp-Beispiele und Erfahrungsberichte von Redaktionen sammelt Andreas Rickmann, und auch bei Meedia gibt’s einen Rundumschlag einschließlich Statements aus verschiedenen Redaktionen.
  • Hochgelobt: Daimler hat WhatsApp im Personalmarketing eingesetzt. Die Chatgruppe konnte einen Arbeitstag einer Mitarbeiterin begleiten und viele Fragen zum Berufseinstieg stellen. Sehr sympathisch finde ich bei diesem Beispiel die starke Personalisierung.

(Die Liste der Beispiele wird immer wieder ergänzt)

3 Kommentare

  1. Alles sehr gut nachvollziehbar. Nur noch eine Nachfrage: Ich breche doch mit WA deutschen Datenschutz, weil ich mein Adressbuch auf US-Server überspiele. Nur dann kann ich WA nutzen. Nach deutschem Recht, darf ich keine Daten an Dritte weiterleiten und diese Daten liegen doch in meinem Adressbuch. Sehe ich das falsch bei der ganzen WA Diskussion. Bei Threema werden meine Daten verschlüsselt und bleiben bei mir. Natürlich hat Threema nicht im Geringsten die Reichweite von WA.

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  2. Also, ich bin kein Jurist und kein Datenschutz-Experte, insofern bitte unter Vorbehalt sehen: Gehe ich von Unternehmen oder Institutionen aus, kommt es IMO auf die Nutzungsart an: Ich nehme mal an, beim Einrichten eines Corporate Account müsste man prüfen, ob das datenschutzrechtlich geht oder ob hier zumindest eine separate Einwilligung notwendig ist o.ä. Da im Gegensatz zum Facebook-Button nicht nur getrackt wird, sondern Handynummern gespeichert werden, könnte das schon sehr kritisch sein. Wenn ich aber privaten Nutzern ermögliche, dass sie Links zu meinem Shop oder meinen News verbreiten (Share-Button), dürfte das wenig problematisch sein.

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